anders
Anders als geplant

Ich koche gerne, sonst würdet Ihr das hier nicht lesen. Kochen, ein Mahl bereiten, einen Tisch decken, liebe Menschen bewirten - das alles ist für mich pure Freude und Entspannung in möglicherweise angespannten Alltagszeiten. Nichts ist erhebender, als an einem kleinem Tisch das Wohlgefühl mehrerer glücklich satter Menschen wahrzunehmen, die sich den gefüllten Bauch reiben. Zufriedene Gesichter, die den anderen Gesichtern zugeneigt sind und mein eigener gestillter Hunger - das ist pures Leben.

Aber ich mache niemandem Vorschriften, was und wie gekocht werden muss. Ich bin überzeugt, dass jeder kochen kann und das jeder, der kochen möchte, seine Zubereitungswege findet. Ich kann vielleicht ein wenig dabei helfen. Es würde mich freuen!

Doch selbst mir geht gelegentlich der Elan aus. Was tun, wenn der beste Menüplan überworfen werden muss? Eine liebe Bekannte meldete sich an. Die ehemalige Kollegin war auf Dienstreise und es gab erst kein Hotelzimmer mehr, dann doch noch eine Unterkunft. Also musste sie nicht mehr bei mir übernachten, wie geplant. Aber wiedersehen wollten wir uns dennoch. Abends. Irgendwann. Selbstverständlich mach ich uns was zu Essen, kein Problem! Egal, wie spät es wird.

Meine Idee:
Möhrensalat - Karotten reiben. Dressing aus Orangensaft, Salz, Pfeffer, etwas Honig, Olivenöl.
Würfel von überwiegend festkochenden Kartoffeln: mit Olivenöl, Salz, Pfeffer, Thymian vermengen, auf einem Backblech ausbreiten - bei 180 Grad Umluft/ 200 Ober- Unterhitze 25 bis 30 Minuten im Ofen garen.
Der Salat wäre also fertig und während die Kartoffeln im Ofen schwitzen: Ein schnelles Geschnetzeltes dazu aus der Pfanne - Hühnerbrustfilet in Streifen schneiden, mit ebenfalls in Streifen geschnittenen Zwiebeln anbraten. Dabei mit Salz und Pfeffer würzen, mit Sherry ablöschen, ein wenig Creme fraiche dazu - reichlich getrockneten Estragon hinein, fertig.

DAS war der Plan: Geschnetzeltes mit Estragon, knusprige Kartoffelwürfel mit Thymian und frisch-fruchtiger Salat. Was hätte schiefgehen können.

Aber mein erwarteter Gast war stundenlang länger verpflichtet als erwartet, ohne Entkommen. Irgendwann stand fest: vor zehn Uhr abends wird das nichts. Dann noch das perfekte Salat-Backofen-Pfanne-Menü...?

Plan B kurz vor neun Uhr abends:

2 große Möhren, geschält, in breite Stücke geschnitten
6 Kartoffeln (festkochend), gewaschen, geviertelt
2 Hühnerbrustfilets (vorzugsweise Bio), je in 5 Stücke geteilt
6 Frühlingsziebeln, geputzt, in Stücke geschnitten

Alles in einer Schüssel mit reichlich Olivenöl, Salz, Pfeffer, 4 großzügigen EL getrocknetem Estragon und mehreren Zweigen frischem Thymian vermengen, in eine Auflaufform geben und in den Ofen stellen. Ofen einschalten - 180 Grad Umluft/ 200 Ober- Unterhitze (Garzeit ab dann: 45 bis 50 Minuten).

Flasche Weißwein und Türe öffnen, wenn's um kurz vor zehn klingelt - Gast umarmen und ihr versichern, dass es überhaupt keine Arbeit war (auf die Frage, was so gut riecht).

Wir haben direkt aus der Auflaufform gegessen (hat ja niemand gesehen), Wein getrunken, in alten Zeiten geschwelgt. Es war nicht das Essen, das ich eigentlich für sie geplant hatte, aber aus den geplanten Zutaten. Unsere Erinnerungen an den gemeinsamen Abend: frisches Baguette, mit dem wir das Estragon-Thymian getränkte Öl aus der Form wischen, uns die Finger lecken und verschmierte Weingläser. Es war köstlich.

Zum Nachmachen empfohlen!