Hier gibts zwei Rezepte zum Preis von einem!
Freuen wir uns nach dem endlosen Sommer auf kulinarische Herbstgenüsse - wenn wir selbst nicht mehr bei Temperaturen über 30 Grad gegrillt werden, können wir endlich wieder etwas im Herd schmoren!
Der große "Sunday Roast" ist in England immer noch eine sehr schöne Sonntagstradition. In meiner Wahrnehmung ist dagegen bei uns der ursprüngliche Sonntagsbraten nicht mehr so gefragt. Wenn wir wollen, können wir jeden Tag Fleisch essen. Ich verzichte darauf gern für mehrere Tage, um stattdessen an einem Tag was Besonderes zuzubereiten. Es muss gar nicht der Sonntag sein.
Aber bei beiden Ländertraditionen geht es um den Sonntag und darum - bestenfalls am frühen Nachmittag - die ganze Familie um den Tisch zu versammeln. Herzstück ist ein großer, im ganzen Stück sehr lange geschmorter Braten. Neben der Schmorsoße kommen die Beilagen dazu, bei uns ganz traditonell Kartoffeln und Gemüse. Ein Nachtisch gehört dazu, schließlich ist es ein besonderes Essen. Die Zubereitungsweise entstand im Laufe von Jahrhunderten, weil die Familie Sonntags am Vormittag zur Kirche ging. Der Braten kam vorher in den Ofen, denn bei der erforderlichen langen Schmorzeit und nicht zu hoher Temperatur konnte während der Abwesenheit der Hausbewohner nichts passieren.
Yorkshire Pudding
In England wird für den Sunday Roast oft eine Lammschulter geschmort. Die optimale Beilage zur Aufnahme der Bratensoße ist Yorkshire Pudding. Es gibt spezielle Backformen dafür. Aber ein sechser oder zwölfer Muffinblech funktioniert genauso gut. Es ergibt kleinere, aber nicht weniger köstliche "Soßenträger":
Etwas Sonnenblumenöl in die Mulden einer Muffin-Form geben und die Form mindestens für 10 Minuten in den sehr heißen Backofen geben - 230 Grad/200 Grad.
Für die Puddings 4 große Eier aufschlagen und mit 140 g Mehl vermengen. Nach und nach 200 ml Milch hinzugießen und den Teig sorgfältig und klumpenfrei mixen. Instinktiv war ich beim ersten Mal geneigt, wie immer beim Backen, erst die "nassen" Zutaten zu mixen, also Milch und Eier, und dies dann zum trockenen Mehl zu geben.
Tatsächlich funktioniert es beim Yorkshire Pudding aber in genau dieser Reihenfolge: Mehl, Eier, Milch, heiße Backform. Der Teig muss sehr flüssig sein. Mit Salz und Pfeffer würzen. In eine Kanne geben, wenn die Mixform keinen Ausgießer hat.
Den Teig rasch und gleichmäßig in die Backformmulden mit dem heißen Öl gießen. Im Ofen für 20 bis 25 backen, ohne die Backofentür zu öffnen. Danach sind die Puddings leicht gebräunt und haben die perfekt Form mit der Mulde in der Mitte (auch dafür ist die heiße Backform erforderlich!).
Früher wurden diese Mulden mit Bratensoße gefüllt und vor dem Hauptgang serviert, damit die Gäste nicht mehr so viel vom wertvollen Fleisch essen konnten. Nach dem typischen Sonntagsessen blieben so vom großen Lammbraten Reste übrig. Daraus wurde in der Woche Cottage Pie gemacht: Das zerkleinerte Lammfleisch, Gemüse und Soße werden unter Kartoffelpürree im Ofen erwärmt.
Cottage Pie
Zum Glück brauch ich für den perfekten Hüttenschmaus nicht erst den großen Sonntagsbraten. Hackfleisch und Wurzelgemüse genügen. Für die Engländer, die ich kenne, muss es Lammhack sein. Ich denke, mit Kalbshack ist es ein besonders feiner Auflauf, der direkt aus dem Ofen auf dem Esstisch genauso viel hermacht wie der klassische, große Sonntagsbraten.
Zutaten für 4 bis 6 Personen:
800 g Hackfleisch nach Wahl (Lamm, Kalb, halb und halb von Rind und Schwein, Rind pur oder Pute)
1 große Zwiebel, in Streifen geschnitten
2 Möhren, gewürfelt
2 bis maximal 3 Stangen Sellerie, je nach Größe und Dicke, geschnitten
etwas Mehl
1 EL Tomatenmark
300 ml Kalbsfond
2 EL Worcestershire Soße
1 Lorbeerblatt
je 1 TL getrockneten Rosmarin und Estragon
(oder wahlweise Thymian und Oregano oder andere Kombinationen, ganz nach Gusto)
1 Nelke
Salz, Pfeffer
1,5 kg mehlig kochende Kartoffeln
100 g Butter
50 ml Milch
Muskatnuss
So geht's:
Das Hackfleisch in mehreren Portionen in Pflanzenöl anbraten. Es muss richtig gebräunt werden. Jede Portion beim Braten sehr leicht salzen. Das Fleisch in einer Schüssel beiseite stellen und die Hitze der Herdplatte reduzieren.
Die Zwiebelstreifen anbraten, bis sie weich werden, die Gemüsestückchen und die Gewürze hingeben. Kurz andünsten, das Gemüse muss nicht weich werden.
Alles mit etwas Mehl bestäuben und gut verrühren. Dann den Fond angießen, das Tomatenmark und die Worcestershire Soße hineinrühren. Das Fleisch hinzugeben.
Bedeckt bei geringer Hitze 45 Minuten schmoren lassen; dann noch weitere 15 Minuten ohne Deckel weiter garen. Probieren und ggf. etwas salzen und pfeffern.
Während das Ragout schmort, die Kartoffeln schälen und in Salzwasser gar kochen. Abschütten und zurück in den Topf geben. Auf der noch heißen Herdplatte die abgeschütteten Kartoffeln "ausdampfen" lassen, damit sie alle Flüssigkeit verlieren (das Pürree wird sonst flüssig-matschig). Mit Butter und Milch stampfen, den Brei mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss würzen.
Ofen vorheizen auf 180 Grad/160 Grad Umluft
Soße in eine ausreichend große ofenfeste Form geben. Mit dem Kartoffelbrei komplett abdecken. Mit einer Gabel dekorative Furchen in den Kartoffelbrei ziehen. 30 Minuten backen, bis die Oberfläche leicht gebräunt ist.
Ein Blattsalat mit Vinaigrette passt perfekt dazu.
Guten Appetit!
Resteverwertung:
Was übrig bleibt, schmeckt am nächsten Tag noch besser - einfach im Ofen erwärmen.
Variationen:
- Etwas geriebenen Cheddar unter das fertige Pürree heben
- Die Kartoffeln mit Pastinaken kochen und pürrieren - abschmecken mit ein wenig Meerrettich
- Ebenfalls eine gute Kombination: die Kartoffeln mit Knollensellerie kochen und pürrieren
- Vorm Überbacken Tiefkühlerbsen ins Ragout rühren - oder auf diese Weise Reste von Tiefkühlgemüse verwerten. Der Inhalt angebrochener Packungen ist dann endlich verbraucht und es passt eigentlich alles, bei mir kommen regelmäßig Prinzessbohnen und Maiskörner hinein.