So köstlich!

Traditionelles Rezept für Huhn in Wein, ein wenig renoviert

Während ein Huhn über eine Stunde im Bräter schwitzend in gutem Rotwein badet, ist Zeit für eine Geschichte:

Da die Hauptzutat des Coq au Vin historisch betrachtet ein zäher alter Hahn (Coq) war, ist es sehr wahrscheinlich, dass die frühesten Versionen bäuerliche Kost waren. Rezepte mit einem Hühnchen (Poulet), einem jungen Tier, kommen in frühen Beschreibungen der französischen Küche aus dem 17. und 18. Jahrhundert kaum vor. Erst im 19. Jahrhundert gelangte das Gericht in all seinen Variationen bei Verwendung eines zarten Hühnchens in den kulinarischen Kanon Frankreichs und eroberte von dort aus die Welt wie einst die Römer, nur friedlicher.

Der Legende nach führte Julius Caesar persönlich das Schmorgericht in Frankreich ein. Wie die vielzitierte (und unwahrscheinliche) Geschichte schildert, schickten die keltischen Gallier während der römischen Besatzung Caesar einen Hahn. Er ließ das Tier von seinem Koch in Kräutern und römischem Wein schmoren und soll es dann den Galliern zurückgegeben haben. Ob es sich so begeben hat oder nicht: die Tradition, Geflügel in Wein zu schmoren, reicht zurück bis ins antike Rom und möglicherweise weiter.

2017 brachte die Kulinarik- und Rezeptredaktion der New York Times eine Sammlung von Rezepten mit Videoanleitungen und Kochbuch heraus: The New Essentials of French Cooking - Neue Grundlagen der französischen Küche. Zehn Gerichte vom perfekten Omelet über Quiche und Ratatouille bis zum Soufflé wurden mit großem Respekt für ihre Ursprünge zeitgemäß aufgefrischt und mit modernen Techniken umgesetzt.

Zu jedem Kapitel gibt es ein kurze Einführung, warum es sich lohnt, bestimmte Techniken zu beherrschen. So ist das Schmorprinzip für Coq au Vin das gleiche wie für Bœuf bourguignon. Wer das eine schafft, bekommt in der Küche auch das andere und noch mehr hin. Autorin Melissa Clark beschreibt im Buch auch, warum die burgundische Version des im Rotwein geschmorten Hühnchens in den Vereinigten Staaten zu den bekanntesten wurde: es liegt an Julia Childs Büchern und Kochsendungen. Das für Child, Absolventin der weltweit einflussreichen Pariser Kochschule Cordon Bleu, typische Rezept mit Burgunder Rotwein stand in in den USA der 1960-ger für die Raffinesse französischer Kochkunst.

Meine eigene Zubereitungsmethode hat sich über viele Jahre immer wieder verändert. Heute basiert "mein" Coq au Vin auf Melissa Clarks modernisierter Version, auf Tipps von Bekannten und Freundinnen und immer auch ein wenig auf Julia Child. Denn in der Küche sind wir nie allein. Statt eines ganzen Huhns nehme ich nur Keulen, geteilt in Ober- und Unterkeule.

Früher hab ich keine Perlzwiebeln als Garnitur zubereitet. Aber diesen Aufwand nehme ich heute gerne in Kauf, alles zusammen ist einfach zu köstlich. Eine sehr typisch französische Zutat ist ein Spritzer Cognac. Trinken mag ich ihn nicht, aber beim Zubereiten von Schmorgerichten verleiht er den Gerichten einen Geschmack, den jeder wiedererkennt, der schon mal in einem Bistro in Frankreich seinen Mittagsteller genießen durfte. Der Weinbrand muss nicht flambiert werden und kann köchelnd reduzieren. Die Hühnerkeulen sollten mindestens drei Stunden, am besten aber über Nacht marinieren, sonst lohnt sich all die Mühe nicht. Denn die wichtigsten Zutaten für Schmorgerichte sind Zeit, Hingabe und Geduld.

Wir brauchen (für vier Portionen):

4 Hähnchenkeulen, geteilt in Unter- und Oberkeulen
Salz, Pfeffer
1 Flasche Burgunder
2 Lorbeerblätter
3 bis 4 Thymianzweige

Am Vortag: Die mit Salz und Pfeffer gewürzten acht Hähnchenteile, Lorbeer und Thymian in einer ausreichend großen Schüssel mit dem Wein begießen. Zugedeckt über Nacht im Kühlschrank oder an einem kühlen Ort ziehen lassen.

Außer Zeit brauchen wir noch:

Öl zum Braten (ich bevorzuge Olivenöl)

100 g Speckwürfel

1 große Zwiebel - gewürfelt
1 große Möhre - in dickere Scheiben geschnitten
200 g Champignons - geviertel, sehr große ggf. geachtelt oder  in nicht zu dünne Scheibchen geschnitten
Salz
3 Knoblauchzehen - gerieben oder durch die Presse gedrückt
1 gehäuften TL Tomatenmark
1 EL Mehl
2 cl Cognac

15 bis 20 kleine Perlzwiebeln - geschält (auch, wenn's mühsam ist, es lohnt sich!)
etwas Salz
2 Prisen Zucker

So geht's:

Die Hähnchenkeulen aus dem Wein nehmen und gut abtrocknen. Den Wein bloß nicht wegschütten!

Die Speckwürfel in einem großen Bräter rösten und auf einem mit Küchenpapier belegten Teller ruhen lassen.

Zusätzliches Öl in den Bräter geben und die Hähnchenteile rundherum bräunen, etwa fünf Minuten auf jeder Seite. Aus dem Topf nehmen.

Zwiebel-, Möhrenwürfel und die Hälfte der Champignons in den Bräter geben, zehn Minuten anbraten und leicht salzen. Knoblauch kurz mit andünsten, dann das Tomatenmark hineinrühren. Alles mit Mehl bestäuben und einige Minuten rösten, damit der Mehlgeschmack sich verflüchtigt. Cognac dazugeben und etwa eine Minute reduzieren lassen. Dann den Marinierwein mitsamt Thymian und Lorbeer in den Bräter gießen und aufkochen. Für rund 15 Minuten um etwa die Hälfte einkochen lassen.

Die Hähnchenteile mit ausgetretenem Saft dazugeben und die Hälfte des gerösteten Specks. Geschlossen bei geringer Hitze eine Stunde schmoren. Dann weitere 15 Minuten bei mittlerer Hitze ohne Deckel weitergaren, damit die Soße noch etwas eindickt.

In der Zwischenzeit mit etwas Öl die restlichen Champignons in einer Pfanne bräunen und auf einen Teller geben. Dann die kleinen Zwiebeln anrösten, mit etwas Salz und Zucker würzen und bedeckt bei gringer Hitze zwanzig Minuten garen. Dabei öfter wenden oder die Pfanne schütteln, damit sie gleichmäßig bräunen.

Die Perlzwiebeln, Champignons und den restlichen Speck zum Coc au Vin in den Bräter geben.

Endlich kann aufgetischt werden - bon appetit!

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Wenn keine Perlzwiebeln erhältlich sind, sechs bis acht kleine Schalotten schälen und längs vierteln. Sie werden zubereitet wie beschrieben, während das Huhn schmort, und benötigen gut zehn Minuten länger, bis sie weich gegart sind.